Gegen die Atomkraftwerke
Baumkleid
Ich möchte
meiner Seele weben
ein Kleid aus grünem Tuch
und festem Halt.
Ich möchte
sehr ferne
von euch leben,
in meinem grünen Kleid
ganz grün und stark.
Ich möchte
in einem anderen Land
und auch in einem
anderen Leben
sehr ferne von euch
und nah den Bäumen
in meinem starken,
grünen Kleide leben.
© Ingeborg-Liane Moravitz/Salzburger Literatur Netz /
Blütengleich
Seelen fallen vom Baume des Lebens,
Schneeflockengleich.
Dicht bedeckend die Erde stumm,
Schneeflockenweich.
Seelen aus Stille, unsagbar sanft
hier schließend die Augen,
dort öffnend sie ganz.
Lächelnd erwacht ihr
am seligen Ort,
beginnt zu leuchten,
zu tönen dort.
Beginnt ihr zu schauen u. staunen.
Beginnt ihr zu wispern u. raunen.
Fangt an zu lächeln u. singen.
O, selige Geister am seligen Ort!
Im Sternenreich niemand euch gleicht.
Blütengleich, Sternenweiß.
Wie sanft sie doch fallen,
die Seelen der Menschen
in Gottes Hand !
© Ingeborg Liane Moravitz/ Salzburger Literatur Netz /
Brüder gebt
Einmeterachtzig
oder auch mehr,
gebt mit vollen Händen
die Erde her.
Gebt Raum und Freiheit
Güte und Liebe
Obst und Gemüse
Für den Roten, den Gelben,
den Schwarzen u. Braunen Bruder
und auch für mich armen
weißen Mann.
Gebt Brüder dies
zur rechten Zeit
eh's zu spät
für die Ewigkeit.
Gebt Brüder
Einmeterachtzig
oder auch mehr,
gebt mit vollen Händen
die Erde her.
Eh' das Schwert
entscheidet mit Macht
wer die ganze Erde bewacht.
Seht ihr die Flammenschrift
leset sie gut:
"Wo ist mein Bruder,
ach so, er ist tot?"
© Ingeborg Liane Moravitz/ Salzburger Literatur Netz /
Kaiserkronenblume
Mit den Augen uralten Wissens
blickst Du mich an.
Verborgen im Regenwald,
an den dampfenden Sümpfen
des Amazonas sah ich
Dein stolzes Haupt.
Umflattert vom schrillen
Schrei des Papageis,
wiegst Du Dich einsam
königlich einsam.
Im schwarzen Land sehe ich Dich,
von schwarzen Menschen
ehrfürchtig umtanzt.
An ihren Feuern gebrochen,
zum Trunke des Wahnsinns
beschwörend gemischt.
An allen Ufern der Zeiten
sehe ich dich, einsam
am Strom, im klaren Wasser
Dich spiegelnd.
Heimlich den Spuren
der Wasser folgend,
bist Du schön wie ein Lied
aus alter Zeit, herübergewandert
in unsere Tage.
Um durch Deine hohe Schönheit
zu zeugen von der Vollkommenheit
aus den Urtagen der Schöpfung,
da Er sein "Es werde" sprach.
© Ingeborg Liane Moravitz/ Salzburger Literatur Netz /