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Wie tief das Meer

Autoren: Barbara Bronnen
Verlag: Insel Verlag, Berlin, 2013
Gattung: Prosa | Veröffentlichungstyp: Buch

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Textproben:

Tonio und Beppe, zwei Jugendliche, hockten auf der Bank vor ihrem Haus. Tonio, aus der Armee wegen psychischer Störungen entlassen und Beppe, aus der Elektrohandlung rausgeschmissen, weil er telefoninos verkloppt hatte, rauchten Gras und tranken teures Bier, das ihre Eltern bezahlten. Beppe und seine drei Geschwister, alle über zwanzig, lebten von den 800 Euro Renten ihrer beiden Eltern.

Räumt das weg hier, sagte sie mit Blick auf den verschmutzten Boden, setzt euch woanders hin. Und nehmt die leeren Flaschen und Zigarettenschachteln mit.

Sie antworteten mit der üblichen Kopfbewegung, mit der sie sich auch untereinander verständigten. Gehorsam sammelten sie ihren Abfall ein, warfen ihn in den Papierkorb und trotteten zur nächsten Bank.

Sie blickte ihnen kurz nach. Man sah den Söhnen des Dorfes an, daß sie niemals das erreichen würden, was ihre Väter noch erreicht hatten. Sie strebten es auch nicht an. Wie rasch Resignation in ihre Züge getreten war! Mittlerweile waren sie nicht einmal mehr zum Olivenpflücken zu gebrauchen, ganz abgesehen davon, daß sie ohnedies keinen Bock auf Arbeit hatten. Mutlos geworden, taten sie nichts, um aus der Misere zu kommen und sich fortzubilden. Sie dachten, es nütze ohnedies nichts.

Lieber saßen sie da und sahen zu, wie der Tag verging und kritzelten ab und zu ihren Frust auf die Mauern oder die Wände der Toiletten in den Bars, die Wandzeitung der Italiener. Schließlich gab es zu Hause ein Bett und Spaghetti und ein wenig Taschengeld, den Rest besorgten sie sich auf vielerlei Art.
Nicht nur die Zustände des Landes, auch die Mütter, die das Szepter hielten, hatten die Rücken der Söhne gebeugt und ihre Knochen in die eines Milchlamms verwandelt.

aus "Wie tief das Meer" von Barbara Bronnen / 2013

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