Unterwegs
Reise- und Aufenthaltsgedichte
Autoren: Peter Paul Wiplinger
Verlag: edition roetzer,
Eisenstadt,
1997
Autoren: Peter Paul Wiplinger
Verlag: edition roetzer,
Eisenstadt,
1997
du aber sagst
alles wird gut
und ich glaube dir
einfach weil ich lieber
an wunder glaube als an
banale wirklichkeit
du aber sagst sieh
die nächte sind weiß
ich aber entgegne nein
diese nächte sind rot
so rot und du irrst dich
sie sind rot vom mondblut
und den schmerzen all der
gequälten getöteten menschen
du aber sagst es wird frühling
irgendwann das weiß ich sicher
alles ist doch so wie immer und
seit jeher das gibt gewißheit
ich aber sage ja dies vielleicht
aber nicht hoffnung und mut nicht
zuversicht rettung vor verzweiflung
riech doch die luft sagst du
sie duftet nach lindenblüten
hör doch den wind wie er rauscht im geäst
alles ist hoffnung ich und du eben wir
fühl doch mein haar meine haut fühl doch
den sommer in meinem herzen diesen wilden
herrlichen sommer der da ist für dich
riech doch den duft meines fleisches
und denk an die liebe an freude und lust
ich aber sage denk an das mondblut
denk immer daran an die nacht vor den augen
knapp vor dem erblinden wenn die hoffnung
dich verläßt oder betrügt dann gibt es
nicht freude nicht liebe nicht lust
sieh so viele menschen sind nur noch schatten
und die losung heißt in allen sprachen der welt
muerte smrt oder tod nicht hoffnung
gerade dann sagst du bleibt als einzige hoffnung
die liebe gerade dann im tiefsten dunkel der nacht
/ 1997
niemand lebt mehr hier
ausgestorben das haus
ich gehe durch die räume
noch gibt es erinnerung
hier vertrocknete blumen
da ein zerbrochenes bild
auf dem haken noch immer
der alte hut meines vaters
das gebetbuch der mutter
der stock der rosenkranz
die geige meines bruders
verschlossen das klavier
die verstaubten schuhe
die alte küchenuhr
ein schrank steht offen
eine motte fliegt heraus
das telefon ist abgesperrt
die leitung längst schon tot
/ 1997