Jenny - Stationen einer Beziehung Jahre später, als Hannah gealtert war, litt sie unter der Vorstellung, eines ihrer Kinder verstoßen zu haben. Der letzte Besuch bei Jenny war ihr schwer genug gefallen. Es sollte jedoch kein Abschied für immer, nur eine umstandsbedingte Einschränkung der Beziehungen, vor allem der Besuche sein. Sie hatte sich sorgfältig vorbereitet und vorsichtig erklärt...Wie hatte sie das nur sagen können! Wie erwarten, daß Jenny sie verstehen und nicht zutiefst verletzt sein würde? Hannah hatte Jenny in Begleitung einer betagten Tante im Altenheim kennengelernt. Ihr Bild tauchte immer öfter in ihrer Erinnerung auf. Das Zimmer: weiß getüncht, ein Bett, ein Nachtkästchen mit zwei gerahmten Fotos, ein Einbauschrank, ein Tisch mit einer Vase mit Strohblumen, eine begonnene Stickerei nebst bunten Garnrollen, zwei Stühle, der Naßraum. An einer Wand ein Kruzifix mit dem Gekreuzigten, links und rechts davon je ein Blumenbild, das Jenny selbst gestickt hatte, auf dem Fensterbrett ein einäugiger, abgegriffener Teddybär. Alles sauber, zweckmäßig, aber mit persönlicher Note. Auf einem der Garderobehaken an der Tür der Kopfschutz. Für Hannah hatte er eine gewisse Ähnlichkeit mit einem ledernen Maulkorb. Ihr Blick blieb daran hängen.