SIE FOLGT EINEM TOTEN. Mimi wird mitten hinein geboren und ist nicht die Tochter ihrer Mutter. Nicht die einzige. Ihr Geburtstag wurde übergangen. Man nahm sie nicht genau. Im Krankenhaus ist sie unter vielen. Die Schwestern packen die Kinder am Kragen, legen sie zusammen, Körper an Körper in Wannen aus Metall. Sie verhindern so das Schreien. Mimis Mutter will ihr Neugeborenes nicht sehen. Sie ist blind wegen des Schlags, den das Schicksal ihr gibt und wegen des Geschlechts. Sie sieht aus dem Fenster und sagt: "Meine Gebete hat man nicht erhört". Damit setzt sie in die Welt, daß sie einen anderen an Mimis Stelle will. Der leere Platz in ihrem Herzen giert nach einem Sohn. Mimi bleibt hinter Glas, unter einer weißen Decke in einem anderen Raum. Sie folgt dem Toten. Alleingelassen drückt sie sich an das Kind in ihrer Nähe, sie schreien trotzdem in der Kiste. Nichts zu trinken. Die Mutter will sie nicht kennen. Sie gibt keine Milch, liegt verklammert mit dem Vorher, ihrer Heimat. Die neue Stadt ist viel zu groß, zu hoch, zu laut. Sie spricht nicht die richtige Sprache, um hier zu verstehen...
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