Oskar fotographiert nicht mehr
Der langzottelige Hund, der Oskar ständig begleitete, hörte auf den Namen Waldmann. Er war der unzertrennliche Begleiter seines Herrn, der einen beiten Schlapphut auf dem Kopf, mit blinzelnden Augen in einem hageren Gesicht, einen glänzenden schwarzen Gehrock zu dünnen Hosen trug und mit auf dem Rücken verschränkten Händen, den Fotokasten umgehängt, durch die Straßen spazierte, immer auf dem Sprung, einen guten Schnappschuß zu machen.
Oskar fotografierte, was und wann es ihm gefiel. Dass wir ihn dazu brachten, uns auf einer seiner Platten zu verewigen, verdanken wir weniger unserer Überredungskunst als unserem Aussehen. Sein Kameraauge reizte der Kontrast, den wir boten. Mein Bruder hatte überhaupt keine Frisur. Ein übermütiger Lehrbub hatte ihm den Kopf kahlgeschoren.
Oskar blinzelte uns an, winkte uns zu sich und stellte wortlos sein Stativ auf. Er arbeitete umständlich langsam. Während wir den Mund von einem Ohr zum anderen verzogen, kroch er, seine hagere Gestalt förmlich abknickend, unter das schwarze Tuch der Apparatur und dirigierte uns mit heiserer Stimme hin und her. Ein wenig nach links, ein bisschen mehr nach rechts, den Kopf gerade halten, nicht so verkrampft! Er fasste uns mit seinen knochigen Händen bei den Schultern, drehte uns den Kopf, bis er schief und unnatürlich auf dem Hals saß, winkelte uns die Arme nach vorne, sah uns von der Seite an, schraubte am Apparat, schlüpfte unter das Tuch und machte einen Buckel wie ein schwarzer Kater...
/ 2002